Der Haushaltsentwurf 2025 der NRW-Landesregierung sieht neben allgemeinen Kürzungen an die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Höhe von 2,1 Millionen Euro auch Kürzungen bei zahlreichen gesellschaftspolitischen Programmen vor. Diese betreffen etwa Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und für sozialen Zusammenhalt, die Familienbildung und -beratung, die Verbraucher- und Schuldnerberatung, die Aids- und Suchthilfe, Maßnahmen zur Suchtprävention, Leistungen im Bereich der Altenhilfe und der Pflege sowie Sozialraumplanung, die Resozialisierung und Begleitung von Haftentlassenen in unsere Gesellschaft und Projekte für Menschen mit Behinderung. Der Schutz vor Gewalt von Frauen sowie entsprechende Unterstützungssysteme sind ebenfalls von Kürzungen betroffen. Signifikante Kürzungen sind auch im Bereich Flucht, Migration und Integration geplant. Darüber hinaus werden Investitionen runtegefahren, um den Arbeits- und Fachkräftebedarf zu begegnen, so zum Beispiel im Bereich der Berufseinstiegsbegleitung und der Ausbildung in den Gesundheits- und Pflegeberufen.
Dieser Haushaltsentwurf erweckt nicht den Eindruck, als wolle die Landesregierung die Mangelverwaltung in der Wohlfahrts- und Sozialarbeit beseitigen. Mit diesem Haushalt lässt sich in vielen zentralen Bereichen noch nicht einmal der Status Quo aufrechterhalten. Viele Träger können ihre Angebote vor Ort schon heute kaum noch aufrechterhalten und müssen Beratungs- und Betreuungsangebote reduzieren.
Die Freie Wohlfahrtspflege NRW ist zutiefst besorgt über die von der Landesregierung eingeleitete Sparpolitik im sozialen Bereich und fordert die NRW-Landesregierung nachdrücklich zu einer Kurskorrektur auf. Denn, dass es einer Kurskorrektur bedarf, konnte die Landesregierung bereits sehen, als am 19. Oktober 2023 25.000 Menschen vor dem Landtag für eine bessere Finanzierung der sozialen Arbeit demonstriert haben. Die Sparpolitik in der Wohlfahrts- und Sozialarbeit soll mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf offenbar fortgeschrieben werden.
Das Land muss mehr, statt weniger Geld in die Hand nehmen, um Einbrüche bei unseren Kitas, Beratungsstellen, in der Ganztagsbetreuung, der Familienunterstützung oder der Integration zu verhindern. Wir fordern daher eine Trendwende bei der Finanzierung der sozialen Arbeit. Auch fordern wir die Landesregierung auf, über den Bundesrat Initiativen zu ergreifen, um die Einnahmesituationen von Bund, Land und Kommunen insgesamt zu verbessern.
‚Wir wollen den sozialen Zusammenhalt in einer sich wandelnden Gesellschaft stärken‘, ist im Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen zu lesen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Mit dieser beabsichtigten Haushaltspolitik wird der soziale Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht gestärkt, sondern weiter geschwächt. Die Bürgerinnen und Bürger werden in Bezug auf die Verlässlichkeit unseres sozialen Systems verunsichert.
In einer Zeit, in der antidemokratische Kräfte immer stärker Raum greifen und die soziale Ungleichheit wächst, brauchen wir nichts dringender als Investitionen in die Zukunft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Wenn eine Gesellschaft es nicht schafft, die Schwächsten angemessen zu unterstützen und insbesondere marginalisierten Gruppen Partizipation, Bildung und Förderung zu ermöglichen, greift das den sozialen Zusammenhalt an. Wenn Wertevermittlung, Demokratieförderung und Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten nicht mehr ausreichend finanziert werden, zerstören wir die zentralen Stellschrauben für eine gelingende Integration in die Aufnahmegesellschaft. Ressentiments und Fremdenfeindlichkeit werden weiter wachsen.
Die Sparpolitik der Landesregierung gefährdet die soziale Infrastruktur in unserem Land. Wir appellieren an Sie: Statt auf Kosten der Menschen und ihrer Zukunft zu sparen, muss die Landesregierung umsteuern und in Zusammenhalt investieren. Wenn soziale Unterstützungsangebote wegfallen, fallen auch Orte des gesellschaftlichen Zusammenhalts weg.
Wir fordern die NRW-Landesregierung mit Nachdruck auf: Nehmen Sie Abstand von den geplanten Kürzungen. Steuern Sie um. Rufen Sie sich in Erinnerung, was Bürgerinnen und Bürger vor mehr als 74 Jahren in unsere Landesverfassung geschrieben haben: Um die Not der Gegenwart in gemeinschaftlicher Arbeit zu überwinden, dem inneren und äußeren Frieden zu dienen, Freiheit, Gerechtigkeit und Wohlstand für alle zu schaffen.
Daran gilt es, den Haushalt zu messen und zu bewerten.
Weitere Informationen: www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de